Der LWL verleiht seinen Karl-Zuhorn-Preis an Philipp Cirkel aus Dortmund und Dr. Ludwig Brandes aus Hagen
Der Karl-Zuhorn-Preis wird seit 1979 verliehen, ist zweigeteilt und jeweils mit 10.000 Euro dotiert. Die Auszeichnung wird jährlich an Forscher und Forscherinnen gleicher Fachrichtung in den Kategorien Nachwuchsförderung und ehrenamtliche Forschung verliehen. Der Forschungsgegenstand muss einen Westfalenbezug aufweisen und relevant für die westfälische Landeskunde und Geschichte sein. Die Preisträger des Karl-Zuhorn-Preises werden vom Rat für westfälische Landeskunde vorgeschlagen und vom LWL-Kulturausschuss beschlossen. In der Kategorie Nachwuchsförderung sollen junge Wissenschaftler unterstützt werden. In der Kategorie ehrenamtliche Forschung kann sowohl die gesamte bisherige Forschung als auch eine einzelne Arbeit oder ein Projekt ausgezeichnet werden.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vergibt in diesem Jahr seinen Karl-Zuhorn-Preis (LWL-Wissenschaftspreis) in der Kategorie Nachwuchsförderung in diesem Jahr an Philipp Cirkel aus Dortmund. In der Kategorie ehrenamtliche Forschung geht der Preis an Dr. Ludwig Brandes aus Hagen.
Cirkel erhält den Preis für seine Erforschung von Regiolekten in Westfalen-Lippe am Beispiel des Ruhrdeutschen. Brandes wird für seine ehrenamtlichen Forschungen zu den niederdeutschen Mundarten des südwestfälischen Raumes Breckerfeld – Hagen – Iserlohn ausgezeichnet. Beide Preisträger haben mit ihrer jeweils thematisch-fachlichen Kompetenz auf dem Gebiet der regionalen Sprache einen wesentlichen Beitrag für die Landeskunde Westfalen-Lippes geleistet. Sie beschäftigen sich intensiv mit verschiedenen wissenschaftlichen Fragestellungen und haben Freude an der Vermittlung dieses Wissens.
„Philipp Cirkel ist ein in jeder Hinsicht hervorragender Kandidat für die Vergabe des LWL-Wissenschaftspreises für wissenschaftliche Nachwuchsförderung: Indem er noch unzureichend erforschte Sprechweisen untersucht, ist sein Gegenstand von größter Relevanz und Aktualität für die Erforschung sprachlicher Formen in Westfalen-Lippe“, heißt es in der Begründung des Rates für westfälische Landeskunde. „Seine Arbeiten zeichnen sich durch einen theoretisch und methodologisch hochreflektierten, originellen und wegweisenden Zugang auf den Gegenstand Ruhrdeutsch aus und sind richtungweisend für die Erforschung neuer, raumgebundener Sprechweisen des 20. und 21. Jahrhunderts über Westfalen-Lippe hinaus“, heißt es in der Begründung weiter.
Für seine Masterarbeit „Subjektive Sprachräume am Rande des Ruhrgebiets“ legte Cirkel eine Fallstudie für den Raum Dorsten vor, in der er das örtliche Ruhrdeutsch auf empirischer Grundlage erforschte. Sein Promotionsprojekt „Kasus im Ruhrdeutschen. Eine grammatische und soziolinguistische Analyse“ werfe ein neues Licht auf grammatische Merkmale des Ruhrdeutschen, heißt es in der Begründung.
Der 1991 in Dorsten geborene Cirkel lebt heute in Dortmund. Er studierte Linguistik mit Schwerpunkt Psycholinguistik an der Universität Düsseldorf und Angewandte Sprachwissenschaft an der Universität Münster. Seit November 2019 ist Cirkel wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Linguistik des Deutschen an der Technischen Universität Dortmund. Im Juni 2020 hat er dort ein Promotionsstudium im Fach Germanistik aufgenommen.
„Der Einsatz und die Leistungen von Dr. Ludwig Brandes für die sprachliche Landeskunde sind herausragend. Seine Dokumentationen zum märkischen Platt haben bleibenden Wert“, heißt es in der Begründung des Rates für westfälische Landeskunde. Brandes hat in seiner 440 Seiten starken Promotion über 60 Sprachkarten vorgelegt. „Damit hat er einen weißen Fleck auf der Landkarte getilgt, denn in Südwestfalen bestand im Raum Breckerfeld – Hagen – Iserlohn zuvor noch keine solche Untersuchung. Eine Besonderheit der Arbeit besteht darin, dass er auch den Dialektschwund in den Blick nimmt“, schreibt der Rat in der Begründung weiter. Brandes‘ Interesse an diesem „bedrohten“ Kulturgut und dessen Dokumentation führte zu zahlreichen Befragungen von Landwirten im märkischen Sauerland, die er vor allem Ende der 1990er Jahre durchführte. Dies geschah neben seiner beruflichen Tätigkeit als Gymnasiallehrer. Aus der so entstandenen Wortsammlung zum märkischen Platt erarbeitete er ein 511 Seiten umfassendes Wörterbuch. Dieses Buch liefert in zweifacher Weise eine Ergänzung zu den vorhandenen Wörterbüchern: Zum einen konzentriert es sich auf den landwirtschaftlichen Wortschatz. Zum anderen stellt die Arbeit von Brandes kein alphabetisches Wörterbuch dar, in dem die Wörter isoliert dargestellt werden, sondern ein nach Sachgruppen geordnetes. „Dies ermöglicht vertiefte Erläuterungen aus dem jeweiligen Sachzusammenhang und die Darstellung der Wörter in ihren Wortfeldern“, so der Rat weiter.
Der 1936 in Hagen geborene Brandes lebt heute in Köln. Er hat seine Kindheit auf dem Land verbracht und wuchs dort mit dem Plattdeutschen auf, das er als eine im Schwinden begriffene Sprache kennenlernte. Brandes studierte von 1956 bis 1962 Romanistik, Anglistik und allgemeine Sprachwissenschaft in Göttingen, Lüttich, London. Danach arbeitete er an Hagener Gymnasien als Gymnasiallehrer, ab 1973 als Studiendirektor. Nach seiner Pensionierung im Jahr 2000 widmete er sich der niederdeutschen Philologie und promovierte 2011 bei Prof. Dr. Hermann Niebaum in Groningen (Niederlande).
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