„More than Bricks!“: neue Ausstellung zur Tradition und Zukunft der Architekturkeramik in der Ziegelei Lage

Mokkabar aus dem Palast der Republik. Foto: Porzellanikon Selb

Ob als Ziegel, Klinker oder Fliese – Keramik ist untrennbar mit der Geschichte des Bauens und Wohnens verbunden. Sie bildet nicht nur das Grundgerüst unzähliger Bauwerke, sondern ist als Baustoff auch ein echter Hingucker. Das zeigt die neue Sonderausstellung „More than Bricks!“, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am 19. Februar in seinem Museum Ziegelei Lage (Kreis Lippe) eröffnet wurde. An der sehr gelungenen Eröffnungsveranstaltung nahm der Leiter des FAK Kultur der FDP-FW-Fraktion, Alexander Arens (Geseke).

Alexander Arens (FDP-FW-Fraktion) und Willi Kulke (Museumsleiter).

Anhand zahlreicher Fotos und Objekte macht die Schau deutlich, wie vielfältig und verschieden der Einsatz vom Keramik europaweit war und ist. Höhepunkte sind ein Wandbild aus bemalten Fliesen der legendären Mokka-Bar im Berliner Palast der Republik, der Tresen aus dem „schönsten Milchladen der Welt“ in Dresden sowie eine virtuelle 3D-Rekonstruktion des ehemaligen Eingangsportals zur Pariser Weltausstellung von 1900.

„Es ist faszinierend zu sehen, wie vielfältig und kreativ Keramik seit Jahrhunderten beim Bauen eingesetzt wird. Keramische Fassadenelemente gewinnen auch in der Architektur des 21. Jahrhunderts eine immer größere Bedeutung“, erklärte der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann. „Sie sind echte Alleskönner. Denn sie sind widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse, langlebig und damit nachhaltig. Sie sorgen also nicht nur für ein angenehmes Raumklima, sondern wirken sich auch positiv auf das globale Klima aus – ein aktuelles und wichtiges Thema auch für den LWL, der bis 2030 klimaneutral sein will.“

Beispielhaft für den aktuellen Trend stellt die Ausstellung Projekte der spanischen Firma Cerámica Cumella aus Barcelona vor. Sie produzierte in den vergangenen Jahrzehnten spektakuläre Keramikfassaden in Europa, darunter die Fassaden des Museums für Kunst, Architektur und Technologie (MAAT) und des Ozeaneums, beide in Lissabon. Elemente beider Fassaden sind in Lage zu sehen.

Am Anfang der Ausstellung aber steht ein Nachbau des „Porte Monumentale“. Das Eingangstor zur Pariser Weltausstellung 1900 in Paris hat der Architekt René Binet zu großen Teilen mit Keramik nach japanischen Vorbildern gestaltet – damals der letzte Schrei in der französischen Architekturkeramik. In einer 3D-Animation können Besucher und Besucherinnen in die Welt des 19. Jahrhunderts eintauchen.

Weiterer Hingucker der Schau, die zuvor im Porzellanikon in Selb (Bayern) zu sehen war, ist der Original-Tresen aus dem „schönsten Milchladen der Welt“. So bezeichneten Zeitgenossen das 1892 eröffnete Ladengeschäft der Dresdener Molkerei der Gebrüder Pfund. Auf 250 Quadratmetern handbemalten Fliesen der Firma Villeroy & Boch wurde die Geschichte der Gebrüder Pfund erzählt. Zu sehen ist auch ein Relikt aus DDR-Zeiten: ein Wandbild der Mokka-Bar aus dem 2004 abgerissenen Palast der Republik in Berlin. Entworfen hat es Lothar Scholz, einer der bedeutendsten Keramikkünstler der DDR.

Der Tresen aus dem „schönsten Milchladen der Welt“ in Dresden ist einer der Ausstelungshöhepunkte. Foto: Dresdner Molkerei Gebrüder Pfunds GmbH

Die Geschichte der Keramik als Baustoff ist lang. „Schon vor über 3.000 Jahren trat mit dem Ziegel ein keramischer Baustoff seinen Siegeszug an. Der aus Lehm gebrannte Stein kam zunächst vornehmlich dort zum Einsatz, wo Naturstein selten ist“, erläutert LWL-Museumsleiter Willi Kulke. „Später wurden Ziegel und Porzellanelemente in der Architektur auch als dekorative Elemente eingesetzt: in der Backsteingotik als glasierte Ziegel und Formsteine, im Historismus und Expressionismus in der Fassadengestaltung.“ Wie in der aktuellen Ausstellung möchte er in der Ziegelei Lage künftig stärker auf aktuelle Themen aus den Bereichen Architektur, Bauen und Wohnen eingehen. Das Museumsteam erarbeite eine neue Konzeption für das Haus.



Symbol zurückAlle Meldungen

Symbol Info
Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner