Ausstellung im Landeshaus: Weimar im Westen
Noch bis zum 21. November 2019 ist die wirklich sehenswerte Ausstellung „Weimar im Westen: Republik der Gegensätze“ in der Bürgerhalle im LWL-Landeshaus (Freiherr-vom-Stein-Platz 1, Münster) zu sehen.
Die Wanderausstellung präsentiert in vier begehbaren Würfeln ein vielfältiges multimediales Angebot. Bislang unbekannte Fotos und Filme stehen im Mittelpunkt der Schau, die erstmals einen umfassenden Blick auf „Weimar im Westen“ eröffnet. Ergänzt wird diese regionale Perspektive durch eine umfangreiche Einführung in die allgemeine Geschichte Deutschlands zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus mit ihren vielfachen Bezügen zum Rheinland und Westfalen-Lippe.
Die Weimarer Republik ist eine Republik der Gegensätze: Politische Aufbrüche, soziale Fortschritte und kultureller Aufbruch gehen mit sozialen Konflikten und extremer Gewalt einher. Die erste Demokratie Deutschlands entsteht nach der Urkatastrophe des Ersten Weltkriegs, dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, der Revolution und während der Besetzung des Ruhrgebiets und des Rheinlands durch alliierte Truppen aus einer Situation größter politischer wie gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit und Ungewissheit. Gleichzeitig gilt die 1919 verabschiedete demokratische Verfassung der Weimarer Republik als die modernste der Welt. Erstmals genießen jetzt alle Menschen in Deutschland demokratische Grundrechte und Freiheiten. Spürbar sind in dieser Zeit aber immer auch die Gefährdungen und die Zerbrechlichkeit dieser noch jungen Demokratie.
Die multimediale Wanderausstellung „Weimar im Westen: Republik der Gegensätze“ nimmt die widersprüchlichen Entwicklungen und Ereignisse dieser Zeit für das Rheinland und Westfalen-Lippe unter die Lupe. Nirgends sonst werden die Gegensätze der Weimarer Republik auf engstem Raum verdichtet so gut sichtbar wie hier.
Die Weimarer Republik steht ebenso für eine Zeit sozialer und politischer Aufbrüche wie für technische und kulturelle Experimente, wie sie etwa in den Bauhausgebäuden des Rheinlands und Westfalens, in sozialen Reformprojekten oder im Wandel von Lebensstilen auch in der „Provinz“ sichtbar werden. Das Vereinswesen boomt und die Lebensreformbewegung befeuert neue Experimente in allen Bereichen der Bildung. Neue Künstler_innengruppen setzen sich mit dem Fortschritt und alternativen Weltanschauungen auseinander. Darüber hinaus entwickeln die Westprovinzen einen ausgeprägten politischen Eigensinn. Die sogenannte Weimarer Koalition aus Sozialdemokraten, Zentrum und Liberalen kommt hier zu sehr viel höheren Wahlergebnissen als im übrigen Reich. Besonders die katholische Zentrumspartei feiert im Westen ihre größten Wahlerfolge.
Zur selben Zeit sind Abschottung, Antisemitismus und Ausgrenzungen von Andersdenkenden sowie Gewalt fester Bestandteil der politischen Kultur. Das Rheinland und Westfalen-Lippe sind Zentrum reichsweiter Auseinandersetzungen. Der Ruhraufstand linker Arbeiter zur Abwehr des Kapp-Putsches 1920 und der Ruhrkampf 1923 gegen die französische Militärbesatzung erregen weit über die Region hinaus die Gemüter aller Deutschen. Nicht zuletzt bestimmt der ökonomische Mangel den Alltag vieler Rheinländer und -innen und Westfalen. Wenngleich die Wahlergebnisse der NSDAP hier lange Zeit weit hinter dem reichsweiten Durchschnitt zurückliegen, erhalten nationalistisch-völkische Vereine auch im Rheinland und Westfalen-Lippe einen immer größeren Zulauf. Die Wahlerfolge der NSDAP in Lippe Anfang 1933 werden von den Nationalsozialisten schließlich als Startschuss einer „Machtergreifung“ im Reich inszeniert.
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